Das Ziel Deutschlands im Zweiten Weltkrieg war die Unterwerfung und Ausbeutung Europas. Die besetzten Gebiete vom Atlantik bis in den Kaukasus, von Skandinavien bis ans Mittelmeer wurden geplündert und Millionen Männer, Frauen und Kinder zur Zwangsarbeit in das Deutsche Reich verschleppt. Insgesamt mussten mehr als 20 Millionen Menschen aus fast ganz Europa Zwangsarbeit für das Deutsche Reich leisten – als zivile ausländische Arbeitskräfte, als Kriegsgefangene oder als Häftlinge in Lagern der SS, der Gestapo oder auch der Justiz: über 13 Millionen von ihnen innerhalb Deutschlands und ungefähr weitere sieben Millionen in den von Deutschland besetzten Gebieten. Die diesen Menschen abgepresste Arbeit war unabdingbar für die deutsche Kriegsführung, und sie trug außerdem wesentlich zur Sicherung des Lebensstandards der Deutschen im Krieg bei.
Zwangsarbeiter:innen kamen überall zum Einsatz: in der Rüstungsindustrie, auf Baustellen, in der Landwirtschaft, im Handwerk, in öffentlichen Einrichtungen oder in Privathaushalten. Ob als Besatzungssoldat in Polen oder als Bäuerin in Thüringen – alle Deutschen begegneten Zwangsarbeiter:innen. Der Zwangsarbeiter:inneneinsatz war kein Geheimnis. Er war ein weitgehend öffentliches Verbrechen.
Zwangsarbeiter:innen waren einer rassistischen Ungleichbehandlung ausgeliefert. Arbeitskräften aus Polen ging es noch schlechter als jenen aus Frankreich oder den Niederlanden. Jüdinnen:Juden und sowjetische Kriegsgefangene standen ganz unten in der
Etwa zweieinhalb Millionen Menschen, vor allem sowjetische Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge aus allen Teilen Europas, haben die Zwangsarbeit im Deutschen Reich nicht überlebt. Die überlebenden Zwangsarbeiter:innen versuchten, so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren. Ihre Aufnahme in der Heimat verlief jedoch sehr unterschiedlich: Nur in wenigen Nachkriegsgesellschaften galten sie als Opfer. Vielfach begegnete man ihnen mit Gleichgültigkeit, insbesondere in der Sowjetunion sah man in ihnen Verräter:innen, die für den Feind gearbeitet hatten.
Die meisten Deutschen beschwiegen das Verbrechen Zwangsarbeit oder leugneten es gar. Vielleicht war es gerade ihr Bewusstsein, sich mitschuldig gemacht zu haben, das in Abwehr und jahrzehntelangem Schweigen mündete. Forderungen ehemaliger Zwangsarbeiter:innen nach Entschädigung fanden kein Gehör. Als in den 1990er Jahren jüdische Opferverbände in den USA Sammelklagen gegen deutsche Unternehmen anstrengten, zahlten Bundesregierung und Unternehmen notgedrungen gemeinsam in einen Fonds ein. Aus ihm erhielten die noch lebenden ehemaligen Zwangsarbeiter:innen Hilfszahlungen in Höhe von einmalig einigen Hundert oder maximal einigen Tausend Euro. Daran gekoppelt mussten sie eine Verzichtserklärung unterschreiben, keine weiteren Rechtsmittel einzulegen. Da die meisten ehemaligen Zwangsarbeiter:innen bereits verstorben waren, hatten sich Staat und Wirtschaft mit vergleichsweise wenig Geld aus der Affäre gezogen. Nur 1,7 Millionen Zwangsarbeiter:innen haben aus Deutschland Hilfsgelder erhalten.