Lebenszeichen wie dieses Foto waren ein wichtiges Mittel, um Kontakt zu Familienangehörigen zu halten. Häufig nur mit einem Gruß versehen, lieferten sie winzige Einblicke in das Leben der Zwangsarbeiter:innen. So auch im Fall von Zofia Fuhrman, geb. Wypekło, die im November 1943 dieses Gruppenporträt an ihre Mutter schickte. Sie zeigte mit dem Foto, dass sie auch „in der Fremde“ nicht allein war. Ihre Grußworte benennen die Zwangsarbeit ganz direkt. Eine ihrer Kolleginnen hat gut sichtbar ein Abzeichen mit dem Buchstaben P (für Polin) auf der Kleidung befestigt. Eine Kennzeichnung, die für alle polnischen Zwangsarbeiter:innen verbindlich war.
Zofia Fuhrmann war 1921 im polnischen Tomaszewo (ca. 50 km östlich von Poznań) geboren. 1942 wurde sie nach Ludwigsdorf in Niederschlesien (heute: Ludwikowice Kłodzkie in Polen) verschleppt. Dort musste sie bei der Verwartungsgesellschaft für Montanindustrie G.m.b.H., einer Munitionsfabrik, Zwangsarbeit leisten. In Ludwigsdorf befand sich ein Außenlager des KZ Groß-Rosen, von dessen Existenz Zofia Fuhrmann sicherlich wusste.
Weitere Fotos mit Widmungen, die Zofia Fuhrmann mit den Kolleginnen in der Zwangsarbeit austauschte, lassen aufgrund der herzlichen Wünsche rekonstruieren, dass die Frauen miteinander befreundet waren. Auf einem Bild zeigte sich Zofia ihrer Mutter auch in Arbeitskleidung, so dass eine weitere Facette von den harten Lebensbedingungen aufschien. Die Anfertigung der meisten ihrer Fotos in Fotostudios lässt weitere Rückschlüsse zu: Zofia besaß selbst keinen Fotoapparat (was Polinnen ohnehin verboten war). Für die Fotos musste sie – gemessen an ihrem geringen Lohn – einen hohen Preis bezahlen.

Zofia Fuhrmann (links) ließ sich zusammen mit ihren Freundinnen im Fotostudio fotografieren. Auf die Kleider der Frauen wurden „Polenabzeichen" aufgenäht. ©Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“, Warschau
Sie war eine von insgesamt über 20 Millionen Menschen aus ganz Europa, die während des Nationalsozialismus für Deutschland Zwangsarbeit leisten mussten.